Sexuelle Anspielungen in der Sprache – wo sind die Grenzen?

Die jüngste Diskussion in der analogen wie in der digitalen Welt über sexuelle Übergriffe hat mancherorts zu einem Aufschrei und vielerorts zu Enthüllungen geführt. Was zuweilen mit sprachlichem Unbedacht beginnt, eskaliert leicht zu Tätlichkeiten und lässt Opfer angewidert, verletzt und traumatisiert zurück.

Unsere Sprache – und nur die wollen wir hier betrachten – ist nicht frei von Doppeldeutigkeiten. Gerade wo es um Geschlechtlichkeit geht, hat die Sprache sich für Tabuwörter zunächst unbelastete Aliasbegriffe beschafft. Manche dieser Doppeldeutigkeiten ist bestens geeignet, andere Menschen zu verletzen. Männer verletzen Männer bereits durch den Einsatz von Sprache. Frauen verletzen ebenso Männer. Am häufigsten jedoch verletzen Männer Frauen, bereits durch ihre verbalen Einwürfe. Kann es im 21. Jahrhundert noch erlaubt sein, andere so zu verletzen?

Mich verwundert es sehr, wenn ich immer noch Ohrenzeuge werde von Herrenwitzen und Zoten der übelsten Art. Mit dieser Kategorie Humor werden regelmäßig Einzelne und Gruppen beleidigt und diese Beiträge – im doppelten Sinn unter der Gürtellinie – tragen nur zu einem bei: dass an alten Ordnungen festgehalten wird. Wenn Herrenwitze die Hierarchien erhalten helfen und keine Initiativen anderer zulassen und Karrieren verbauen, passen sie nicht mehr in unsere Welt.

Doch wo sind die Grenzen zwischen Kompliment und Missachtung? Darf ein Mann jetzt einer Frau gegenüber keine noch so positiv gemeinte Bemerkung machen? Kann wirklich alles falsch verstanden werden? Nun, unsere Sprache lässt zu jeder Aussage eine Vielzahl von Nuancen zu. Wenn die Aussagen Wertschätzung signalisieren, finde ich das wirklich gut und hilfreich bei dieser Fragestellung.

Als das AGG-Gesetz gegen Diskriminierung in Kraft trat, mussten viele ihre gewohnten Bewertungsmuster aufgeben und neue entwickeln. Betraf das AGG zunächst nur den Personalsektor, so wird die anstehende sprachliche Gleichbehandlung aller auch alle betreffen. Nur so können Anzüglichkeiten gleich welcher Art aus der Sprachpraxis verbannt werden. Und wo manche immer noch nicht gelernt haben, da muss der Beschwerde- und Klageweg beschritten werden. Ein Kavalier beschreitet sicher neue Wege, sicher. Täter eines Kavalierdeliktes ist selten ein echter Kavalier.