Im Sommer 2005 gab es einen kompletten Stromausfall im Netz der Schweizer Bahngesellschaft SBB. Die Konsequenz war, dass eine Viertelmillion Reisender festsaß. Für die SBB ein Kommunikationsproblem. Sie hoffte, innerhalb von zehn Wochen alle Kundenanfragen zur Zufriedenheit aller Gestrandeter lösen zu können.
Werner T. Fuchs, der prominenteste Storyteller der Schweiz, schlug der Bahn eine andere Maßnahme vor: Er wollte, dass die durch den Stromausfall gestoppten ihre persönliche Geschichte dieses Tages niederschreiben und einsenden sollten. So wäre der Pannentag ein Tag geworden, der neben verpassten Terminen und anderen Unzulänglichkeiten auch ungeahnte neue Höhepunkte geliefert hätte: Neue Bekanntschaften und individuelle Lösungen. Das wären Geschichten von Helfern und unerwartet Aktivierten geworden, von neuen Chancen und frischen Erkenntnissen. Klagende und Nörgler hätte man nicht verstummen lassen können, aber sie hätten nicht alleine das Wort führen können.
Leider ließ sich die SBB nicht auf den gut gemeinten Vorschlag ein, ihr genügte die Abwicklung in der Art wie es wohl das Managementhandbuch jeder Bahngesellschaft vorschreibt. Auch ein Bericht in den Zeitungen des Landes von den Menschen, die sich um die Gestrandeten gekümmert und die Stromversorgung wieder hergestellt haben, hätte der Bahnpanne einen emotionalen Kick gegeben und viel Geläster unter den Laien vermieden.
Zugegeben, jeder lästert gerne über all das, was nicht funktioniert und wer wieder Mist gebaut hat. Aber hilft uns das weiter? Wenn, dann nur sehr kurzfristig. Positive Beispiele erlangen viel eher unsere Aufmerksamkeit. Wir sehen darin unsere Chancen im Miteinander mit anderen sowohl im Privaten wie im Geschäftlichen. Und die gilt es für das Storytelling aufzuzeigen. Nach Werner T. Fuchs ist „Verkaufen“ kein Ur-Thema des Menschen, dagegen schon die Erhaltung seines Lebens, die Fortpflanzung und das Finden des Platzes in der Welt.
Menschen mögen Geschichten, weil sie sich darin wiederfinden. Oft sehen sie sich in so einer Schilderung gespiegelt und häufig gelangen sie so zur Einsicht, dass sie etwas im Leben anders und vielleicht sogar besser machen könnten. Wenn solche Geschichten so viel Erfolg haben, dann sollten wir mehr davon erzählen.