Was hat James Bond, was Sherlock Holmes nicht hat?

Zwei fiktive Figuren aus Literatur und Film: Sie ähneln sich ein wenig, unterscheiden sich aber in Physis, Psyche, Auftreten und der Art wie sie Fälle lösen. Beide sind hochbegabte Individualisten, die so manche Nuss zu knacken haben. Holmes gelingt das meistens mit Köpfchen, Bond durch seine Sportlichkeit, Raffinesse und ein paar technische Spielereien, so genannten Gadgets.

Beide zeigen überdurchschnittliche Begabung beim Lösen ihrer Aufgaben. Beide sind auch typisch britisch. Und beide bewegen sich etwas außerhalb der Norm. Holmes nutzt verbotene Substanzen um seinem Ziel näher zu kommen. Bond hat die Lizenz zum Töten, darf die ärgsten Gegenspieler ins Jenseits befördern. Jeder von beiden hat seine Fans. Jeder ist nur eine Erfindung eines Schriftstellers. Arthur Conan Doyle wurde für seine Schöpfung geadelt, Ian Flemming war wie seine weltbekannte Figur selbst Geheimagent im zweiten Weltkrieg.

Zielgruppe der Sherlock-Holmes-Erzählungen sind eindeutig Menschen, die gerne komplexe Zusammenhänge ergründen wollen, also überwiegend Intellektuelle und Akademiker. Im alten London ging es erstmals in der Kriminalliteratur auch um Gerichtsmedizin. Außerdem ist Holmes Teamplayer. Ohne den Violine spielenden Arzt Dr. Watson wäre er nicht so vielen Schurken auf die Spur gekommen.

Anders bei dem Geheimagenten Ihrer Majestät: Er ist Einzelgänger, wenn er nicht gerade mit attraktiven Damen zusammen auftritt. Er ist in das Hierarchiesystem des britischen Geheimdienstes eingebettet mit allerlei kauzigen Figuren. Er ist in der ganzen Welt unterwegs und mit Abstand der modernere der beiden Protagonisten. Damit spricht er viele Möchtegerns an, für die er Vorbild ist.

Betrachten wir uns abschließend die Aussagen beider Charaktere: James Bond spricht alle an, die weltoffen sind, für die Geld und die Bewegung durch die Kontinente nicht beschränkt sein sollte. Er ist eindeutig extrovertiert. Sherlock Holmes verkörpert eher ein konventionelles Weltbild, beschaulicher und selbst in ernsten Situationen zurückgezogen. In Hektik würde er seine Fälle nie aufklären können, wohl aber in stillen Salons. Er ist der Prototyp des Introvertierten.

Beide erzeugen mit ihren Geschichten Spannung, doch auf unterschiedliche Weise. Beide erzählen uns von Konflikten und deren Lösungen. Jeder ist auf seine Weise pfiffig, doch die Figuren sind nicht austauschbar.