Studenten klagen immer häufiger darüber, komplexe Sachverhalte nicht begreifen zu können. Dazu zählt auch das Erfassen und Wiedergeben von wissenschaftlichen Texten. Und die nachlassende Lesekompetenz impliziert einen mangelnden Sprachschatz und seine Anwendung, was man bei Rechtschreib- und Grammatikfehlern feststellen kann. Fehlt den Studenten die Lesepraxis anspruchsvoller Literatur? Bedingen Kurznachrichten die schlechte Auffassungsgabe bei komplexen Texten?
Ich stieß bei meinen Recherchen auf zwei Texte, Einmal eine Umfrage, die 2011 von der Universität Bayreuth unter Studenten durchgeführt wurde, und zum Anderen ein Vergleich von Sprachfehlern in Maturaarbeiten der Jahre 1970, 1997 und 2010.
Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak, die die österreichischen Abiturarbeiten durchgesehen hat, sind die zunehmenden Fehler bei der Verwendung von Satzzeichen aufgefallen, ein Rückgang in der Verwendung von Lehnwörtern mit griechischem oder lateinischem Ursprung bei gleichzeitiger Zunahme von Anglizismen. Die Texte sind von Untersuchung zu Untersuchung kürzer geworden, der Satzaufbau aber komplexer, was ihn damit nicht unbedingt verständlicher macht. Die Benotung im Jahr 2010 war weniger streng, viele Fehler bei Satzzeichen, Rechtschreibung und Ausdruck wurden toleriert, die bei früheren Untersuchungen noch angestrichen wurden.
Die Bayreuther Umfrage bemängelt, dass die Sprachkompetenz der Studenten wohl schon durch mangelndes Training in der gymnasialen Oberstufe gelitten hat, weil zu sehr auf Inhalte und nicht so viel auf Form und Ausdruck Wert gelegt wird. Da in dieser Zeit obendrein der Wortschatz nicht gepflegt wird, fehlt vielen Studierenden die Möglichkeit, Inhalte mit anderen und mit eigenen Worten auszudrücken. Diese Wortvarianz macht Altphilologe Gerhard Wolf von der Bayreuther Uni auch dafür verantwortlich, dass den Studenten oft die Beweglichkeit fehlt, Dinge variantenreich zu beschreiben.
Was ich hierzu bemerken kann ist, dass mangelndes Ausdrucksvermögen auch dazu führt, dass ein Schreiber oder Sprecher nicht verstanden wird. Eine nicht eindeutige Kommunikation führt zu Missverständnissen und kann nicht nur die wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung hemmen, sondern auch das Zusammenleben.